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Die Auswirkungen der Reformen der „Agenda 2010“ die von der rot-grünen Koalition Anfang des Jahrhunderts auf den Weg gebracht wurden, haben der politischen Kultur und dem sozialen Klima im Land dauerhaft geschadet. Der Arbeitsmarkt wurde dereguliert, der Sozialstaat demontiert, eine Steuerpolitik betrieben, die den Reichen mehr Reichtum und den Armen mehr Armut gebracht und auch der Mittelschicht deutlich gemacht hat, dass ihr Abstieg jederzeit möglich ist. So reagieren die Stärkeren ihre Abstiegsängste, Enttäuschung und Ohnmacht an den Schwächeren ab. Begleitet wird das Ganze von einem ausgeprägten Misstrauen gegenüber den Mitmenschen. Wenn man etwa sieht, dass der Staat überall ein Sicherheitsproblem entdeckt, das mit martialischen Einsätzen der Sicherheitskräfte entschärft werden muss, dann wird die gefühlte Bedrohung real erlebt und nach dem noch stärkeren Staat gerufen. Dabei ist es erforderlich, denen, die nichts mehr haben, als strafender und disziplinierender Staat entgegen zu treten und gleichzeitig den Menschen mit Abstiegsängsten und jenen mit großem Vermögen einen starken Staat zu demonstrieren. Ein Bereich, in dem der strafende Staat schon seit Jahrzehnten eine besonders tragische Kontinuität an den Tag legt, ist die Ahndung von Bagatelldelikten, die von ärmeren Menschen begangen werden. Sie werden mit Geldbußen überzogen, wenn sie diese nicht zahlen können, müssen sie die Ersatzfreiheitsstrafe antreten.
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