Quo vadis, Europa? Der Kontinent besteht aus Vasallen eines Hegemons, dessen beste Tage bereits gezählt sind. Anstatt dass die europäischen Vasallen die geopolitische Gunst der Stunde nutzen und sich die US-amerikanischen Ketten abstreifen, verbleiben sie in dem mittlerweile internalisierten Untertanenverhältnis. Das hat selbstzerstörerische Konsequenzen. Denn in Washington will man nicht hinnehmen, dass für das Imperium des 20. Jahrhunderts die Stunde geschlagen hat. Und so schickt sich der amerikanische Hegemon an, Europa in einen selbstmörderischen Wirtschaftskrieg mit Russland zu verwickeln. Ziel ist es, dass Russland und Europa nicht zueinanderfinden, um im Verbund ein erhebliches Gegengewicht zu den USA zu bilden. In seinem neuen Buch „Ami, it’s time to go: Plädoyer für die Selbstbehauptung Europas“ macht sich Oskar Lafontaine für eine Emanzipation Europas stark.
Die US-Administration weiß: Ein Keil, der zwischen Europa und Russland geschlagen wird, festigt den globalen Einfluss ihrer moribunden Weltmacht. Sie weiß zudem, dass das eigene Land schwach, zerrissen und im Niedergang begriffen ist. Sticht man jedoch die globale Konkurrenz aus, bleibt man obenauf.
Nebenher nehmen wir die Deindustrialisierung und die Verarmung als Kollateralschäden hin. Der Wahnsinn bestimmt das Geschehen, radikale Kräfte fordern immer mehr Einsatz, mehr Waffen, mehr Geld, mehr Bekenntnis zur Ukraine.
Wegen der Freiheit der Ukrainer? Nein, weil die USA die einzige Weltmacht sein wollen und sich gegen eine Weltordnung wehren, in der sie mit anderen Nationen gemeinsam an einem Tisch sitzen müssen.
Den Grünen empfiehlt Lafontaine indes, ihre Stiftung, die auf den Namen des Schriftstellers Heinrich Böll lautet, neu zu benennen. Denn Böll war Kriegsveteran und Pazifist. Er schlägt vor, sie in eine Madeleine-Albright-Stiftung oder eine Carl-von-Clausewitz-Stiftung zu verwandeln. Petra Kelly würde dem wohl zustimmen.
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