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Heute findet Korruption oft institutionalisiert und damit legalisiert statt und lässt sich daher kaum vor Gericht stellen. Hier ist der Souverän, die Bevölkerung selbst gefragt, sich wieder für ihre Rechte einzusetzen. Subsidiarität und gemeinschaftliche Selbstorganisation sind der Schlüssel.

Korruptionsbekämpfung ist also keine moralische Mission, sondern eine systemische Notwendigkeit für das Funktionieren jeder Institution oder Organisation. Die unterschiedlichen Interessen von Wirtschaftskonzernen einerseits und öffentlich rechtlichen Gemeinschaften andererseits müssen jedoch im Blick behalten werden.

In den letzten Jahrzehnten wurde die Welt immer vernetzter und das erforderliche Wissen für angemessene Entscheidungen somit immer weitläufiger. Auch die Entscheidungsräume in Wirtschaft, Finanzen, Politik, Gesundheit und anderen Subsystemen weiteten sich von regionalen Strukturen über nationale Föderationen zu kontinentalen Verbänden und globalisierten Netzwerken aus. Viele für die örtlichen Gemeinschaften direkt relevanten Entscheidungen werden längst nicht mehr im Rathaus oder in der Landeshauptstadt, sondern in großer räumlicher Entfernung von unbekannten Personen und aufgrund von schwer nachvollziehbaren Erwägungen gefällt.

Dazu kam dann auch gleich eine neue Gruppe von Spezialisten ins Spiel, die den Erfolg privater Investoren bei der Übernahme ehemals politischer Entscheidungen und Funktionen wesentlich verstärkte und beschleunigte. Es waren die geschulten Vertreter einer rasch wachsenden PR- und Lobbyindustrie, die einseitig von der Privatwirtschaft ins Rennen geschickt wurden. Sie entwickelten das Framing für sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP), Public-Private-Partnerships (PPP), in denen öffentlich anvertraute Aufgaben gemeinschaftlich mit privaten Unternehmen finanziert, geplant und umgesetzt werden sollen. Diese Schöpfungen geschickter Lobbyisten verkleistern jedoch die grundsätzlichen und widersprüchlichen Interessen der Beteiligten.

Deregulierung der gesetzlichen Krankenkassen kann als Paradebeispiel für institutionelle Korruption gesehen werden. Diese wurde in Harvard folgendermaßen definiert:

„Institutionelle Korruption liegt vor, wenn ein systemischer und strategischer Einfluss, ohne gegen bestehende Gesetze oder gerade übliche ethische Richtlinien zu verstoßen, die Wirksamkeit einer Institution schwächt oder die Erfüllung der ihr anvertrauten Aufgaben behindert. Dazu gehört auch, soweit für die Aufgabenerfüllung relevant, ein Verlust öffentlichen Vertrauens oder interner Vertrauenswürdigkeit“ .

Noch lohnender wird Korruption, wenn es gelingt, die Politik zu überzeugen, man könne doch den Staat fachlich ergänzen, ja sogar finanziell erst einmal entlasten und — wie oben erwähnt — in einer öffentlich-privaten Partnerschaft gemeinsam für den Wohnungsbau, die Brücken oder Tunnel, die Sportanlagen, Schulen, Gefängnisse, die öffentliche Sicherheit, die Forschung oder sogar für eine Pandemiebekämpfung Sorge tragen.

Viele der kritischen NGOs, für deren Engagement sich in den letzten Jahren hoffnungsvolle Bürger begeisterten und spendeten, sind inzwischen längst unterwandert und instrumentalisiert worden. Sie können ihren Sponsoren nämlich sehr wichtige Hinweise über zu erwartenden Widerstand oder über nutzbare Grassroot-Bewegungen vermitteln. Einige sind wohl auch nur korrumpiert, weil sie sich in ihrer ehrenamtlichen Arbeit so schmieren ließen, dass von ihnen Kritik nur noch da zu erwarten ist, wo es nicht wehtut.

Treibende Kraft scheint die Geld- und Machtgier privater Investoren zu sein, die mit selbstgeschöpftem Geld viele Nationalstaaten in Schulden und Abhängigkeiten manövrieren. So sorgen sie jetzt in ihren „Pandemien“ auch gleich dafür, sich für die Zukunft möglichst alle wichtigen Ressourcen und Strukturen unter den Nagel zu reißen. Bei dem unter gesundheitlichem Vorwand organisierten unverschämten Zugriff auf intimste private Daten verdienen Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft, Bertelsmann und viele weitere Unternehmen aus Finanzwirtschaft und digitalem Business ihr Geld.

Wolfgang Wodarg: Die große Gefahr für die Menschheit ist die Pandemie der Korruption