Bei seinem Besuch in Moskau vergangene Woche präsentierte Xi Jinping, Generalsekretär der chinesischen KP, einen 12-Punkte-Plan für Frieden in der Ukraine. Man darf davon ausgehen, dass der diskret auf Diplomatenebene seit längerem zwischen China und Russland ausgearbeitet worden war, ehe sich Xi Jinping von Peking aus auf den Weg nach Moskau machte. Diskutiert werden musste er dann beim Treffen der beiden Weltpolitiker nicht mehr. Es ging nur noch um die Informierung der Weltöffentlichkeit.
Ohne hier in die Einzelheiten dieses Friedensplanes zu gehen, wird deutlich, dass es sowohl Russland als auch China nicht nur um Frieden in der Ukraine geht, also nicht nur um den speziellen Fall, sondern darum, globale Friedensstandards für die Zukunft festzulegen. Insofern ist der chinesische Friedensplan anlässlich des Ukrainekrieges ein Forderungskatalog an die Vereinigten Staaten von Amerika. Letztere sind schließlich diejenigen, die sich bislang als die globalen Herrscher über Krieg & Frieden begriffen haben und gern auch weiter begreifen würden. Xi Jinpings Plan fordert von den USA viel, im wesentlichen nämlich eine fundamentale Kehrtwende, was das dortige Selbstverständnis als Welthegemon betrifft.
Der Krieg in der Ukraine ist im Grunde zu verstehen als ein letztes Aufbäumen des kollektiven Westens gegen seinen Bedeutungsverlust als “Weltführer”, der allen anderen die Regeln diktieren kann, so wie er will. Kein Wunder, daß der Rest der Welt die Nase gestrichen voll hat von der US-amerikanischen Dominanz. In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben die USA etwa ein Drittel aller Nationen weltweit mit Wirtschaftssanktionen belegt. Die USA werden global zunehmend wahrgenommen als das, was sie tatsächlich auch sind: Der ungehobelte Schläger auf dem Pausenhof einer Weltschule, dem niemand Einhalt gebietet und der alle anderen tyrannisiert.
Dazu kommt, daß die USA faktisch pleite sind und Warenlieferungen mit einem realen Wert nur noch mit wertlosem Papier und ungedeckten Zahlungsversprechen begleichen. 21 Billionen Dollar müssten eigentlich im Umlauf sein, tatsächlich stehen aber lediglich 53 Milliarden zur tatsächlichen Verfügung in Form von Bargeld, Schecks und ähnlichem. Der ganze Rest ist nichts als Zahlenwerk auf Rechnern. Wer glaubt, der Umstieg auf eine digitale Währung stehe erst noch bevor, der irrt. Der ist längst vollzogen. Umlaufendes Bargeld in den USA deckt lediglich noch etwa 0,4 Prozent aller Zahlungsversprechen. Seit der Kündigung des Bretton-Woods-Abkommens im Jahr 1971, als die Bindung der US-Währung an den Goldstandard aufgehoben wurde, haben sich die USA zu einer Nation entwickelt, die zunehmend darauf angewiesen war, sich die Deckung ihrer Währung durch militärische Raubzüge an den Ressourcen anderer Nationen zu verschaffen. Ein aktuelles Beispiel ist Syrien, wo sie das Öl der Syrer schlicht und einfach klauen. US-Finanzminister John Connally im Jahre 1971 während eines Anfalls unverhoffter Ehrlichkeit wortwörtlich: “Der US-Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem“.
Der Rest der Welt hat allerdings keine Lust mehr, sich den US-Dollar noch länger als Problem überstülpen zu lassen. Wenn es die USA nicht schaffen, den US-Dollar dennoch als Welt-Leitwährung zu retten, dann geht es wirtschaftlich dahin in den USA – und zwar gründlich. Das wäre ein Abstieg ohne historisches Beispiel in der kurzen Geschichte der Vereinigten Staaten. In dessen Folge könnten sich die USA auch keinen “Verteidungsetat” mehr leisten, der ihnen erlaubt, mit ihren Raubzügen fortzufahren.
Es gibt nicht den geringsten Grund zu der Annahme, dass der Donbass jemals wieder ukrainisches Territorium werden wird. Das ist die Kröte, die der kollektive Westen zu schlucken haben wird, wenn es um Xi Jinpings Frieden für die Ukraine geht. Es wird die Neutralität der Ukraine zu schlucken sein. Die Ukraine wird nicht NATO-Mitglied werden. Die NATO-Militärberater werden sich aus der Ukraine zurückzuziehen haben. Die Krim wird bleiben, was sie seit dem 20. Februar 1991 (!) gewesen ist: Dem russischen Staatsgebiet zugehörig. Die russische Schwarzmeerflotte wird von Sewastopol aus weiterhin die Hoheit über das Schwarze Meer behalten. Kurzum: Die Bedingungen für einen Frieden in der Ukraine werden Russland und China diktieren. Der kollektive Westen hat nur noch die Wahl, sie entweder zu akzeptieren, seine erfolglose Zermürbungstaktik fortzusetzen und weitere Milliarden nutzlos zu versenken in diesem Konflikt – oder eben Armageddon heraufzubeschwören.